Sára Tichá für EPRAVO.CZ zur internationalen Zuständigkeit tschechischer Gerichte bei der Haftung eines gewählten Organmitglieds

Wie ist die internationale Gerichtszuständigkeit in Fällen festzusetzen, wenn der Gläubiger seinen Anspruch gegen ein gewähltes Organmitglied aufgrund der Haftung für Schulden der Gesellschaft gemäß dem tschechischen BGB geltend macht? Mit dieser Frage beschäftigte sich vor kurzem das tschechische Oberste Gericht, das sich auf ein Schüsselurteil des Europäischen Gerichtshofs in der Sache ÖFAB stützte.

Gemäß  § 159 Abs. 3 czBGB haftet ein gewähltes Organmitglied der Gesellschaft für ihre Schulden, wenn es seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, der Gesellschaft einen durch eine Pflichtverletzung bei der Amtsausübung verursachten Schaden zu ersetzen, und zwar in dem Umfang, in dem es den Schaden nicht ersetzt hat. Es stellt sich jedoch die Frage, wo der Gläubiger eine Klage erheben kann, wenn z.B. der Schuldner eine tschechische Gesellschaft ist, das gewählte Organmitglied jedoch seinen Wohnort oder Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat? Das Oberste Gericht hat bestätigt, dass dieses Haftungsinstitut ebenso wie in der Sache ÖFAB als eine Pflicht zum Schadensersatz zu qualifizieren ist. Die internationale Zuständigkeit ist daher nach den die Sachen der Delikt- bzw. Quasidelikthaftung normierenden Regelungen von Brüssel I bis festzusetzen.

In der Praxis bedeutet das, dass die Klage entweder bei Gerichten in dem EU-Mitgliedstaat zu erheben ist, in dem der Beklagte seinen Wohnort oder Sitz hat, oder aber auch beim Gericht an dem Ort, an dem dem Gläubiger der Schaden entstanden ist, aber auch beim Gericht des Orts, mit dem die von der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten am engsten verbunden sind und an dem die Informationen zur Finanzlage der Gesellschaft zugänglich sind. Das Oberste Gericht bestätigte somit, dass die Gläubiger die Klage nicht nur am Sitz- bzw. Wohnort des Beklagten erheben müssen, wie die allgemeine Regelung der internationalen Zuständigkeit festlegt, sondern dass für sie mehrere Möglichkeiten bestehen, wo sie ihre Ansprüche erzwingen können.

Der vollständige Wortlaut des Artikels von Sára Tichá in tschechischer Sprache ist HIER abrufbar.